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Logistik – Taktgeber der Produktion
Ursprünglich geht der Begriff Logistik auf das Militärwesen zurück.
Er bezeichnet die Aufgabe, den Nachschub und die Versorgung für die Streitkräfte sicherzustellen.
Landläufig ist eher die Meinung verbreitet, Logistik zeige sich in unzähligen LKWs, die auf den Autobahnen das eigene, schnellere Vorwärtskommen behindern.
Oder auch, dass Logistiker »Kistenschieber« in den Großmarkthallen seien.
Bis zum Zeitpunkt vor etwa 30 Jahren waren solche Vorstellungen vielleicht berechtigt.
Inzwischen beinhaltet Logistik weitaus mehr.
Ihr Spektrum hat sich durch den Einsatz intelligenter IT-Systeme und die Verknüpfung von komplexen Fertigungs- und Materialversorgungsprozessen so verändert, dass sie heute als Herz und Taktgeber in der industriellen Fertigung anspruchsvoller Produkte fungiert.
Zur besseren Veranschaulichung dient ein Beispiel aus der Automobilindustrie.
Stellen wir uns vor, dass gerade in einem Autohaus der Kaufvertrag für einen neuen fahrbaren Untersatz unterschrieben wird.
Der Käufer löst den ersten, ihm vermutlich unbewussten Kontakt mit der Logistik in dem Moment aus, in dem er den Liefertermin für das ersehnte Modell vereinbart.
Aufgabe der Logistik, genauer der Programmplanung, ist es nämlich, die Bestellungen auf die verschiedenen Produktionsstandorte zu verteilen.
Die Zuordnung richtet sich nach der Auslastung der Werke und den jeweiligen Produktschwerpunkten.
Aufgrund dieser Kriterien kann der Verkäufer den Liefertermin exakt bestimmen.
Sobald der Kundenauftrag beim Fahrzeughersteller eingegangen ist, wird er einem Werk zugeteilt.
Die Produktionssteuerung legt aus allen Aufträgen eines Produktionstages die Montagereihenfolge fest.
Die fixe Montagereihenfolge bildet die Vorraussetzung für die sequenzgenauen Teileabrufe von den Lieferanten und deren Unterlieferanten.
Sie ermöglicht so zeit- und mengengenaue Anlieferungen, neudeutsch auch JIT (Just in Time) und JIS (Just in Sequenz) genannt.
Just in Sequenz« und »Just in Time«
Unter dem Begriff JIS (Just in Sequenz) versteht man die sequenzgenauen Abrufe von variantenreichen Teilen mit mehrfachen Anlieferungen am Tag.
Gerade bei der Automobilherstellung ist es keine Seltenheit, dass ein Montageteil mit einer Vielzahl von Varianten verbaut wird.
JIS-Abrufe ermöglichen dem Lieferanten, seine variantenreiche Teile entsprechend der geplanten Montagereihenfolge des Fahrzeugwerkes zu fertigen und zu versenden.
Ein spezieller Beladungsplan für die LKWs stellt sicher, dass der Entladeprozess der Sequenzreihenfolge entspricht. Unter Umgehung eines Lagers fahren die LKWs bis in die unmittelbare Nähe des Montageplatzes, an dem die Teile in die Karosse verbaut werden.
Aus dem LKW wird der Montageplatz also direkt und in der richtigen Reihenfolge bedient.
JIS reduziert das Handling (Lagerung, Transport, Wegezeiten) und den Flächenbedarf auf ein Minimum.
Wenn auf die Sequenzbildung verzichtet werden kann und die Teile nur zeitgenau an das Montageband geliefert werden, dann spricht man von JIT (Just in Time).
JIT eignet sich für großvolumige Teile mit hohem Umschlag.
Bei Modulen, also Baugruppen wie Cockpits oder Achsen, die komplex und voluminös sind, gestaltet sich der Transport per LKW nicht immer wirtschaftlich.
In diesem Fall gehen die Lieferanten dazu über, die Teile in unmittelbarer Nähe des Automobilherstellers in sogenannten Lieferantenparks oder Versorgungszentren zu produzieren.
Eines der modernsten Automobilwerke der Welt, das ????, bindet diese Lieferfirmen so eng in das Produktionssystem ein, dass die Sequenz der Modulmontage parallel mit der Sequenz der Fahrzeugmontage läuft.
Für jedes Modul bleiben dann zur Herstellung rund drei Stunden Zeit bis zum Verbau in Fahrzeugwerk.
Diese enge zeitliche Zusammenarbeit bringt eine große Abhängigkeit des Automobilwerkes von seinen Lieferanten mit sich.
Das Zusammenspiel funktioniert bestens, wenn Hersteller und Lieferant partnerschaftlich verbunden sind und beide gemeinsam das Ziel anstreben, das Endprodukt in bester Qualität zum Wunschtermin des Kunden auszuliefern.

Wirkung und Bedeutung der sequenzgenauen Produktion
Teilefertigung und Teileanlieferung in Sequenz bedeuten die größte Herausforderung in einem Produktionssystem.
Nicht nur für den Bereich Logistik, sondern für alle an der Produktion beteiligten Stellen.
Die Sequenz ist Taktgeber der Produktion.
Sie regiert ein Uhrwerk mit Hunderten von ineinander greifenden Rädchen.
Damit dieses Räderwerk ohne Reibungsverluste läuft, muss die Struktur eines Werkes in die Betrachtung einfließen.
???? sind mit Vorreiter der sequenzgenauen Produktion.
Das Unternehmen realisierte als Pionier kompromisslos seinen Anspruch und bleibt mit der Zeitvorgabe, vier Tage vor Montagestart eine stabile Sequenz zu bilden, bis heute unerreicht.
Eine Zeitvorgabe von vier Tagen ist notwendig, um den Unterlieferanten die Fertigung der Produkte und deren Transport zu ermöglichen.
Den vier Tagen gehen Hochrechnungen über den Teilebedarf voraus.
Sie werden an die Lieferanten übermittelt, damit diese wiederum ihre Unterlieferanten mit der Bereitstellung der Teile beauftragen können.

Beschaffungs-, Dispositions- und Distributionslogistik
Im Werk ??? werden ca. 70 Prozent der benötigten Teile und Baugruppen in Sequenz geliefert.
Die übrigen Teile, meist von geringerem Wert und mit nur wenigen Varianten, gelangen konventionell per Lastkraftwagen in Läger.
Für diese Teile wird die erforderliche Menge durch Bedarfsrechnungen ermittelt und anschließend von Disponenten beim Lieferanten geordert.
Logistikmitarbeiter, genannt »Linerunner«, laufen die Montagelinie ab, erkennen den zukünftigen Bedarf an bestimmten Teilen und fordern sie rechtzeitig aus dem Lager an.
Mit konventionellen Transportgeräten wie Gabelstapler oder Trailer gelangen die Teile zum Montageplatz.
Alle diese Tätigkeiten gehören zur Beschaffungs- oder Dispositionslogistik. Ist das Auto mithilfe der reibungslos und ausgeklügelt arbeitenden Logistik fertig montiert, wird es per Bahn, Schiff oder Transporter zum Händler gebracht.
Diese Aufgabe betrifft den Bereich Distributionslogistik.
Ein wichtiger Part der Logistik ist die IT-Planung, denn ohne moderne Informationstechnologie lassen sich die oben beschriebenen Prozesse nicht realisieren und steuern.
Investitionen und Innovationen in Logistik und IT sind heute eine notwendige Voraussetzung für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit.

Fazit
Zusammengefasst ist die Logistik zuständig für den Informationsfluss sowie für die Steuerung, Abwicklung und Kontrolle der Produktion und des gesamten Materialflusses, beginnend vom Teilelieferanten bis zur Auslieferung des Fertigproduktes beim Kunden.
Weitere Schwerpunkte bilden die Entsorgungslogistik und die Verpackungsplanung.
Nicht mehr Aufgabe der Logistik ist das Bewegen des Fahrzeuges vom Hof des Händlers.

Überblick über die Aufgaben und Bereiche der Logistik
Programmplanung
Planung der Produkte entsprechend der Montage- und  Fertigungskapazitäten
Produktions- und Auftragssteuerung
Festlegung der Montagereihenfolge
Disposition
Materialbedarfsrechnung und Teileabruf vom Lieferanten
Lagerbewirtschaftung
Teilebereitstellung
Lieferung von Teilen an die Arbeitsplätze der Fertigung- und Montage
Distribution
Lagerung und Auslieferung der Fertigprodukte
Transportlogistik
Beauftragung von Speditionsunternehmen für die Teileanlieferung und die Auslieferung von Fertigprodukten
Verpackungsplanung
Planung der optimalen Verpackung in Bezug auf die Sicherstellung der Qualität, die optimale Auslastung, die Kosten für die Teileanlieferung und des Fertigprodukts
Entsorgungslogistik
Planung und Verwaltung des Leergut(Verpackung) und Organisation der Rückführung an die Unterlieferanten
Supply Chain Management
Prüfung und Befähigung der Unterlieferanten hinsichtlich der Bedürfnisse des Kunden bzw. des Produktionsnetzwerkes; dies erfolgt bereits während der Entwicklungszeit eines neuen Produktes
IT- Prozessplanung
Planung der Prozesse über die gesamte Kette und deren IT- Unterstützung
Strukturplanung
Planung von Werks-, Gebäude- und Anlagenstrukturen nach optimalen Gesichtspunkten
Logistikplanung
Querschnittsfunktion über alle planenden Bereiche der Logistik
Besonderen Dank an meine Mitautorinnen Anja Maria und Moni