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ca. 340 KM, 6300 HM.
Ende September 2010 fuhr ich mit dem Mountainbike weitgehend über die Fußwege des Camino Primitivo von Oviedo nach Santiago de Compostela.
Hier möchte ich kurz meine Eindrücke über diesen Weg schildern.

Ausgehend von Oviedo ist der Camino Primitivo der älteste Pilgerweg nach Santiago de Compostela.
Wer es möchte kann natürlich auch früher beginnen, zum Beispiel ab San Vicente de la Barquera um so über die "Picos de Europa" Oviedo zu erreichen. Auf die Überquerung der "Picos de Europa" mit dem Fahrrad habe ich angesichts meines fortgeschrittenen Alters verzichtet.
Von Bergwanderungen kenne ich Teile der Picos. Bei den "Picos de Europa" handelt es sich um ein Hochgebirge mit allen typischen Gefahren und Anstrengungen.
Mir erscheint es nicht möglich die ausgewiesenen Wanderwege, wie zum Beispiel die Ruta de la Reconquista, mit dem Fahrrad zu passieren.  Somit sind die sehr wenig befahren Landstraßen für die Überquerung zu nutzen.
Beeindruckend sind die "Picos de Europa" auch von diesen Straßen.

Mit wesentlich weniger Anstrengungen ist Oviedo über den Küstenweg, dem Camino del Norte, erreichbar. Oviedo ist die Hauptstadt der Provinz Asturien, welche als einzige Provinz Spaniens ein Principado ist.
Prinz von Asturien ist immer der jeweilige Kronprinz, zur Zeit also Kronprinz Filipe.
Mit einer schönen Altstadt, prächtigen Palästen und einer grandiosen Kathedrale kann Oviedo aufwarten.
Ein Ruhetag sollte hier eingeplant werden.
In der Provinz Asturien glänzt der Camino Primitivo mit viel Grün. Es geht durch Kastanienhaine, Laub-, Eukalyptus- und Kiefernwälder.
Beeindruckend die vielen Hohlwege.
Der Camino Primitivo ist sicher ein sehr schöner aber auch ein anstrengender Pilgerweg nach Santiago.
Nicht nur an die häufig am Weg stehenden alten steinernen Kreuzen, spürt und sieht man, dass man sich auf einen uralten und dem originalen Pilgerweg befindet.

Außerhalb Spaniens ist der Camino Primitivo weitgehend unbekannt, somit trifft man nur wenige Pilger unterwegs.
Die wenigen die man trifft sind jugendliche Spanier/ -innen mit denen man schnell ins Gespräch kommt.
Auch im spanischen Urlaubsmonat August waren die Herbergen nicht überfüllt.
Auf dem Camino Primitvo wird alles sehr gelassen angegangen, ganz anders als auf dem Camino frances.
So machen sich die Fußpilger, nachdem sie ausgiebig gefrühstückt haben, um 8:00! Uhr langsam auf ihren Weg.
Im Gegensatz zu den anderen Pilgerwegen, außer bei Lugo, werden keine von Fahrzeugen hoch frequentierten Straßen begegangen bzw. befahren.
Statt dessen werden viele kleine Dörfer passiert von denen man glaubte, dass diese im heutigen modernen Spanien nicht mehr existieren.
Das man in diesen Dörfern auf ein Lebensmittelladen oder auf eine Bar trifft ist fast aussichtslos. Energieriegel als Notration sind somit empfehlenswert.
Quellen für die Aufnahme von Wasser gibt es genug. Aber Vorsicht! ich habe wegen Magen-/ Darmproblemen die Pilgeretappen den körperlichen Problemen anpassen müssen.
Verständlicherweise wollte ich während dieser Zeit nicht in den Albergues übernachten.
In Tineo bewohnte ich ein hervorragendes Hotel namens „Don Miguel“ für 20 Euro. Sonst durfte ich für Einzelzimmer mit spartanischer Ausstattung 30 Euro ohne Frühstück berappen.

Wie auch auf dem Camino Real und dem Camino Norte sind leider auch auf dem Camino Primitvo die Kirchen meistens verschlossen. Somit fehlt ein wichtiger Teil der einem zur inneren Einkehr verhilft.
Schön und erholsam ist der Camino Primitivo auf den ersten 260 KM bis Melide. Die restlichen 100 KM bis Santiago de Compostela habe ich als eine riesige geschlossene Karawane von Menschen erlebt.

Der Gründe für diese endlose Menschenkette waren:
1. hundert KM vor Santiago de Compostela treffen sich die bedeuteten Jakobswege,
2. es werden demjenigen seine Sünden erlassen der die letzten 100 KM geht,
3. dass Jahr 2010 war ein heiliges Jahr und zog somit besonders viele Jakobs-Pilger an.
Am Zielort Santiago de Compostela ging dann auch die Post ab, dagegen ist das Oktoberfest eine Trauerveranstaltung.
Die ganze Nacht nur Gegröle und Gesänge.
Dazu kommt noch, dass ich die Pilgermesse als eine Werbeveranstaltung der Banco de Pastor empfand, intensiv unterstützt vom Kardinal.

Wie groß der Andrang auf dem Pilgerwegen ist, zeigt sich auch daran, dass vor dem Oficina de Peregrinos die Pilger vier Stunden - ich auch - warten mussten um ihre begehrte und verdiente Compostela in Empfang zu nehmen.
Dieser wahnsinnige Andrang ist nicht nur mit dem heiligen Jahr sondern mit der Popularität des Pilgerns zu erklären.

Für mich gilt nun, nie mehr Santiago de Compostela.



Zur Wegfindung hatte ich ein kleines Taschenbuch aus dem Jahr 2006. Ich nahm an, dass dieses mit den bekannten gelben Pfeilen am Straßenrand ausreichend ist.
Tat es auch, aber ich musste im Nachhinein feststellen, dass ich wesentlich optimaler meinen „Fahrrad“-Weg gefunden hätte, wenn ich dieses Buch gehabt hätte:
Guía del Camino Norte de Santiago (para peregrinos)
von Antón Pombo
Herausgegeben von Anaya Touring Club. Das Buch ist in spanischer Sprache, aber das beiliegende sehr genaue Kartenmaterial ist wesentlich.
Aus den Karten ist eindeutig erkennbar welche Streckenabschnitte mit dem Rad zu meistern sind und welche nicht.
Da der Camino Primitivo sich durch das kantabrische Gebirge schlängelt gibt es viele kurze Passagen, zum Beispiel Abkürzungen von Serpentinen, die nicht mit dem Fahrrad befahrbar sind. Auf solche Passagen weisen die Karten des Buches hin. Mag sein, dass es inzwischen ein adäquates deutsches Buch gibt, ich weiß es nicht.
Allerdings gibt es inzwischen eine brauchbare Wegebeschreibung, herausgegeben vom Gobierno del principado de Asturias, vom Küstenwege und des Camino Primitivo.

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